Liebe Leserinnen und Leser,
diesen Gedanken, den Sie am heutigen Karfreitag lesen, habe ich am Gründonnerstagabend geschrieben.
Ein Abend, der für Jesus geprägt war von Sehnsucht nach Gemeinschaft beim gemeinsamen Mahl und tiefer menschlicher Zuwendung durch die Fußwaschung.
Für Jesus war es aber auch ein Abend, wo er Verrat und menschliche Schwäche bei zwei seiner zwölf engsten Begleiter erlebt hat und an dem Jesus an einem Scheidepunkt angekommen war, an dem sein Weg schmerzhaft, erniedrigend und einsam wurde. Obwohl er den Auftrag Gottes im Herzen hatte, gab es auch für ihn Momente, wo selbst er – der Sohn Gottes – menschliche Nähe und die Kraft und Ermutigung Gottes brauchte und von ihm auch bekam.
Und die Menschen um ihn herum ? Die Bibel erzählt uns, wie unterschiedlich die Menschen mit ihm, Jesus, umgegangen sind und welch unterschiedliche Bedeutung sie ihm für ihr eigenes Leben gegeben haben, z.B. politischer Gegner, Gotteslästerer, enttäuschender Erlöser usw. Nur wenige Menschen haben ihn richtig erkannt und nur wenige haben zunächst die Kraft gehabt, ihm beizustehen, das Vertrauen in ihn zu bewahren, sich zu ihm zu bekennen, die Situation auszuhalten. Die Menschen hatten einen Plan, ein Bild von ihm, Erwartungen, die nicht erfüllt wurden und vor allem für die Jünger schien zunächst nichts als Ungewissheit, Angst und Enttäuschung zurückzubleiben.
Auch wir erleben seit geraumer Zeit, dass unsere Pläne, unsere Sicherheiten, vertraute Rituale, menschliche Nähe und Feste uns genommen werden, selbst die Weltordnung verändert sich und das alles, durch „etwas“, das nicht sichtbar, nicht greifbar ist. Selbst die Nähe zu unserem Gott, die christliche Gemeinschaft, unsere wichtigsten kirchlichen Feste sind davon betroffen. Sehnsucht danach spüre ich auch in meinem Herzen.
Doch dann gehe ich in unsere Kirche – leer und verlassen kommt sie mir vor – und dann, dann stehe ich vor dem Kreuz und ich höre Jesus sagen: „Hab keine Sorge – ich bin doch noch da – ich kenne deine Sehnsucht – vertrau mir – hab Geduld – ich sehe einen Weg, wo du ihn noch nicht sehen kannst.“
Und ich spüre: Bei mir verändert sich etwas im Herzen – in meiner Wahrnehmung. Ich sehe immer wieder Menschen einzeln zum Gebet in die Kirche kommen; ich schimpfe mal nicht auf die Medien, sondern freue mich über den Kontakt, den ich durch sie aufrechterhalten kann; ich lasse mich anstecken von der Kreativität vieler Menschen, die Gemeinschaft, Glaubensleben und Hilfsbereitschaft trotz „Abstand“ ermöglicht.
Wir können zwar keinen gemeinsamen Gottesdienst feiern, aber unsere Kirchen sind offen – Kerzen brennen – wir können Jesus unser Herz öffnen, unseren Dank, unsere Last, unsere Ungewissheit und Fragen zu ihm bringen. Vielleicht verbunden mit einer Blume oder einem Stein (beides liegt in der Kirche bereit), vor dem Kreuz und, wenn wir uns unterwegs oder in der Kirche treffen, uns ein ermutigendes Lächeln schenken in der Gewissheit „wer glaubt, ist nie allein“ und wo immer wir sind, wo immer wir hingehen, ER ist schon da. Diese Zuversicht und Gewissheit wünsche ich uns in dieser schwierigen Zeit.
Ihre/Eure Marina Lisa Steineke GR
Die folgende Meditation kann uns eine zusätzliche Ermutigung auf dem Weg zum Osterlicht sein
Der Hoffnung trauen
Im Schatten der Angst
der Hoffnung trauen
im Nicht-mehr
und Noch-nicht
zwischen gestern und morgen
das Heute bejahen
machtlos zulassen,
dass ich nichts leisten muss,
was ich nicht leisten kann
aufhören mir zu beweisen
dass ich es doch könnte
Grenzen spüren
und ihnen erlauben zu sein
ahnen
dass die Zerissenheit
mich öffnet für Neues
der Angst von Schwäche und Versagen
offen ins Auge sehen
die verheissungsvolle Zukunft
nicht mit Befürchtungen erschlagen
Schritt für Schritt suchen
und suchen und weitergehen
mich von Gottes Zumutung
wandeln lassen
wachsam sein für Gottes alltägliches
Ich-bin-da-für-dich
Im Schatten der Angst
Der Hoffnung trauen
Und mich Tag für Tag entscheiden fürs Leben.
(Autor mir leider unbekannt)
Liebe Marina-Lisa, deine Meditationsworte und das wunderbare Gedicht, dass Pater Devis vorgetragen hat, kamen zur rechten Zeit bei mir an. Ich möchte euch beiden dankem. Ist es Zufall oder schickt mir Gott diesen Trost? Frohe Ostern!